Das Niedliche vom Schwein

Nun, hierhier bin ich bislang nur virtuell gereist, dennoch… Meine  Eindrücke haben sich eingeschmurgelt, sind geradezu körperlich spürbar, wenn ich daran zurückdenke, Lachmuskeln haben offenbar ein Gedächtnis.

Für eine Zwischenübernachtung suchte ich vor ein paar Jahren im Internet nach einem netten Hotelrestaurant im Burgund. Dabei stieß ich auf die Auberge de la Quatr‘Heurie, die ihre Homepage außer in Französisch auch in deutscher Sprache zur Verfügung stellt. Sofort waren meine Neugier und Vorfreude auf skurrile Wortschöpfungen geweckt, denn aus Erfahrung weiß man ja, dass Hotel- und Restaurantbeschreibungen nicht immer von Fremdsprachenkundigen übersetzt werden – wozu gibt es schließlich Google, Reverso & Co?

Was ich nun fand, übertraf jedoch all meine Erwartungen. Schon auf der ersten Seite ermunterten mich die Wirtsleute Nicole und Michel aus Bèze im Département Côte-d’Or, mich „in einem erneuerten Rahmen“ zu entspannen und „eine Haltestelle auf der Straße des Urlaubs zu machen“. Das klang viel versprechend. Doch bereits die Auswahl des Hotelzimmers gestaltete sich als schwierig: Ich hatte unter anderem die Qual der Wahl unter „9 Kammern von 2 Personen jeder Komfort“ oder „4 spezielle Folgen“, darunter zum Beispiel „Tristan & Iseute“. Vielleicht sollte ich besser die „½ blaugrüne Pension“ wählen? Interessant schien auch das Zimmer „Gustave“. Es verfügte immerhin über „4 Unterkünfte Dusche-WC liest an Baldachin & 2 Betten einer Person im Zwischenstock“. Huch! Der Hinweis „Der Alkovenmissbrauch ist nicht gefährlich benutzen und missbrauchen“ beruhigte und verunsicherte mich zugleich.

Na ja, vielleicht sollte ich mich doch zunächst der Speisekarte widmen? Erst einmal interessierten mich die Spezialitäten. Nicht uneinladend erschien mir „der gerauchte Lachs Haus“, eher unappetitlich klangen „die fettige Leber Haus“ und „die schwarze Rolle an den Apfeln“. „Der weiße Schinken bildet an den morilles Sahne“ machte einen ziemlich ungesunden Eindruck und „das Hauseselswürstchen“ wollte ich lieber nicht essen. Aber es gab ja noch Menüvorschläge!

Neugierig machte mich das „Menu vom Boden der Behausungen“ für 25 Euro. Noch besser gefiel mir jedoch der Menüvorschlag „Großes Bézois“ für 35 Euro: Als erster Gang kam für mich nur „der Salat pleurotes Hitzeziege“ in Frage. Beim zweiten Gang wurde es schon schwieriger: Sollte ich lieber „die Landeklappe an der Schalotte“ oder „das niedliche von Schwein grüner Pfeffer“ wählen? Alternativ konnte ich mir auch „Lachsschnitzel buttern Leertaste“ oder „die Kalbküste grill“ vorstellen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Auf jeden Fall würde ich danach „die Tablettkäsesorten des Marktes oder der weiße Käse Haus an der Sahne“ zu mir nehmen.

„Damit das Fest ein schönes!!!“ beschloss ich dann – wenn schon, denn schon -, das Arrangement „Die Abende in verliebt“ zu buchen. Die Auberge schlug „im romantischen Rahmen des Zimmers Roméo & Juliette“ einen Abend vor, der mit „Abendessen, Nacht und Frühstück, Zimmer mit Baldachinbett und Bad erfreut wurde“, außerdem „balnéo 2 Stellen“. Inbegriffen war „die Mahlzeit“. Sie bestand aus

  • „Kir an der frikassierten
  • Fischerei der Heiligrebe Jacques auf einem Salatbett, wo die fettige Entenleber Haus und ihre geflammten gerösteten Toaste
  • Gambas, wo der Schnitzel Kalbris an den morilles oder in Duo, die Rindküste am grill
  • die Käsesorten des Marktes wo die Ziege, der auf geröstetem Brot erwärmt wurde,
  • die zusammengestellten sorbets, wo die Charlotte an den Himbeeren und ihre Ausfugmasse es gegorene
  • von „der Liebe“ und die „verliebte“ Flasche Champagne“.

Oh! Eine heilige Rebe an der Muschel, dazu flammender Toast, Schnitzel an Morchel, warme Ziege und gar… Charlotte an den Himbeeren…?

Dieses Menü konnte allenfalls noch von einigen Gängen des Arrangements „Abend Tristan & Iseute“ übertroffen werden: Dort gab es nämlich unter anderem „Truffés verwischte Eier“, „persillöes Froschschenkel wo Fleischspieße des Rindnetzes am grill“ und „Das begossene sorbet Birne erstarrte Birne, wo der Schaum schwarze Schokolade“.

Darauf einen Cognac, pardon, natürlich einen Marc de Bourgogne, wo wir schon in der Gegend sind, damit kann man beim Übersetzen sowieso nicht viel falsch machen. Oder etwa doch? Ich habe mich dann – warum eigentlich? – trotz des Spaßfaktors für eine andere Auberge entschieden.

Übrigens hatte ich zuvor in der Auberge angerufen und dezent vorgetragen, dass die deutsche Übersetzung, ähm, etwas zum Schmunzeln sei. Daraufhin schlug mir der Patron vor, ich möge die Karte doch übersetzen, gratis natürlich. Na, hätte er mir wenigstens eine Landeklappe an der Schalotte oder einen gerauchten Hans, pardon, eine gebutterte Leertaste offeriert – aber so… Doch ich bin froh, dass ich nichts übersetzt habe, denn sonst kämen wir um den Genuss des Komischen! OUI!!!

Denn: Auch wenn sich Einiges verändert hat auf der Website, drei Jahre später, regt sie nach wie vor sehr zum Lachen an. Nein, es wird noch bunter: Neuerdings gibt es „Das Kaninchen um den Hals“ und sogar einen „Kaninchenbau“ auf der Speisekarte, ich lach mich weg!!! Aua, mein Bauch!

Bon appétit et bonnes fêtes!

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14 Antworten zu Das Niedliche vom Schwein

  1. sonnenzauber schreibt:

    Herrlich rotwelt,
    ich habe mein Marmeladenbrötchen kaum runterbekommen bei diesen kuriosen Menüvorschlägen, ich hoffe dir hat das Essen trotzdem geschmeckt.
    Liebe Grüße aus Münster von Sonnenzauber

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  2. rotewelt schreibt:

    Freut mich, dass du beim Frühstücken lachen musstest. Übrigens habe ich das Essen ja gar nicht probiert, weil ich doch eine andere Auberge ausgesucht hatte.
    Liebe Grüße nach Münster, Sonnenzauber! 😉

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  3. Lakritze schreibt:

    Hahaha! Sagenhaft. Landeklappen, am liebsten vom Boden des Hauses, wollte ich schon immer mal probieren.

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  4. rotewelt schreibt:

    Nicht wahr? Man fragt sich, wie so etwas schmeckt, lach!

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  5. 6kraska6 schreibt:

    Eine auf geröstetem Brot gewärmte Ziege – das wär auch was für mich! Glückwunsch zum Blog! Gruß, Mag. Kraska

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  6. rotewelt schreibt:

    Ja, Mag. Kraska, das gibt’s aber nicht mal im Pott (glaube ich…) 😉 Dankeschön und Gruß zurück!

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  7. vilmoskörte schreibt:

    Wunderbare Speisekarte. Google-Translate macht eben doch manchmal glücklich.

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  8. ts schreibt:

    Ich lache noch immer Tränen!
    Großartig!

    Als ich vor Jahren in Kalifornien war, besuchten wir auch den Ort „Palm Springs“. Eine Tafel am Ortseingang begrüßte die Besucher in verschiedenen Sprachen.

    Welcome
    Bienvenu
    Bienvenidos
    Bitte schön!

    🙂

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  9. Sofasophia schreibt:

    zu köstlich!!! ich denke, heute wäre es vielleicht ein klitzeklein bisschen besser = weniger lustig! 🙂

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