Peripher

Noch sehe ich ihn nicht, den See, der sich Dietenbachsee nennt, obwohl er fast vor meinen Füßen liegt. Ein alter Herr weist mir den Weg mit den Worten „Sie können einmal drum herum gehen“. Genau das schwebt mir auch vor, tangieren will ich auf jeden Fall.

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Die Zeit wirft lange Schatten voraus am 8. Dezember, dabei ist noch gar nicht Freitag der 13..

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Sogar ein Kreuz, friedhofsgleich.

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Da ist er ja. Recht klein und wirklich schnell zu umrunden. Das wird aber wettgemacht durch dieses Licht, ich bin genau zur richtigen Zeit losgefahren und fast dankbar für die kleine Verspätung, die ein zu frühes Abbiegen von der Sundgauer Allee verursachte.

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Neben schwimmenden geflügelten Tieren durchwuseln vierbeinige wuschelige und bisweilen kläffende Säugetiere die Uferzone.

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Auch hier Möwen, die sich als blendenweißkühle Flecken abheben vor der im glutwarmen Nachmittagslicht versinkenden Landschaft.

Letztens am Flückiger See im Seepark – Seestücke – zwischen Herbst und Winter – machte mich eine Spaziergängerin, die gebürtig vom Bodensee stammt, auf diesen kleinen See aufmerksam und ich folge nun ihrer Empfehlung. Von selbst hätte ich ihn nie gefunden, niemand zuvor hatte mir davon erzählt, von diesen kleinen See. Er liegt irgendwo zwischen Kleingärten, Tennisplätzen und Schnellstraße, nicht in Betzenhausen, aber auch nicht in Weingarten. An Tangenten, abseits und versteckt irgendwie.

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Der See scheint die Hunde verrückt zu machen oder ist das ideale Revier für sie. Sie gehorchen Herrchen und Frauchen nicht, machen, was sie wollen, übermütig und frech. Vielleicht liegt es auch am Licht. Sie kugeln sich, wetzen wie verrückt, ob mit oder ohne Mantel, und flirten gar mit dem Schwan. Doch der will nicht mit dem Stöckchen, der mehr ein Zweigwerk ist, spielen und verscheucht das Hündchen mit lautem Fauchen, immer wieder. Vielleicht gefällt ihm auch nur die Farbe des Hundes nicht, wäre er weiß, wer weiß… Denn der Schwan ist offenbar ohne Schwänin.

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Auch die Enten spinnen heute. Vielleicht sind die Erpel so überdreht, weil ihr Grün in diesem Licht so smaragdfarben-kostbar leuchtet, Heure éméraude chez Tiffany oder so. Jedenfalls jagen sie die unscheinbareren Weibchen, tauchen sie unter und gebärden sich wie verrückt. Womöglich halten sie sich für unwiderstehlich.

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Dazwischen friedliche Polonaisen ohne Natnat.

Im Ufergestrüpp, das ich dem asphaltierten Gehweg weitgehend vorziehe, versacke ich mit meinen Absätzen, doch das ist mir egal, wenn ich schöne Blicke erhaschen kann.

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Schuhe kann man putzen. Mein Schatten überholt ein Paar, das sich erschreckt umdreht. Keine Sorge, mein Schatten überragt mich bei weitem, guckt doch mal auf meine Schuhgröße.

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Kleine Pfade führen bis ins Wasser. Im Sommer wird man sich sicher hineinstürzen wollen oder sich zumindest für ein Picknick niederlassen.

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Eine Frau denkt im Gegenlicht.

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Natur pur.

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Ein Lesender, der – buchstäblich – mit der Nase im Buch eingeschlafen ist, im Schein der noch nicht zu kalten Restsonne.

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Auf der anderen Seite des Sees sieht alles anders aus. Das ist der Sinn der Umrundung. Aus jeder Perspektive bietet sich eben ein anderes Bild. Manche Menschen können nur eines sehen, ihr eigenes.

Ich bin jetzt froh, bald wieder das Bild zu sehen, das hell ist und dem Sonnenuntergang gegenüberliegt. Dieser Herbst ist lang und goldener als sonst, so kommt es mir wenigstens vor. Selbst die Kehrwoche fordert mehr, auch gestern, als ich wieder dran war, war noch lange nicht Schluss mit Laub, es nimmt kein Ende dieses Jahr. Dafür entfiel bisher das Schneeschippen und Streuen.

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Der schwarze Wald trägt Schnee nur in seinen hohen Lagen. Beinahe milde wirkt er im Hintergrund.

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Äste wie Brücken, sagt jemand.

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Doch ist es nicht eher das Licht, der Schein?

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Der Mann und der See.

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Paarlauf vom See weg…

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…der nun Anglerrevier wird.

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Die Schatten reichen jetzt fast bis ins Wasser. Gut, dass ich eine Wollmütze trage.

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Gedankengestrüpp lässt Beeren ahnen, wo keine mehr oder noch keine sind.

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Der singuläre Schwan zieht weiter seine Runden im goldenen See…

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…und manchmal in jungem Kupfer.

Die letzten Tage, nach meinem Seebesuch, war es sehr kalt, jetzt ist es wieder milder. Plötzlich. Ich habe nichts gegen spät eintretende Winter, wenn sie nicht zu lange andauern und früh eintretenden Frühlingen Platz machen. Nur noch eine Woche und die Tage werden wieder länger.

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8 Antworten zu Peripher

  1. Sofasophia schreibt:

    schön! ich liebe seen und bin gern mit dir mitgekommen. manchmal finde ich genau solche spaziergänge alleine am schönsten.
    besonders den letzten abschnitt kann ich nur gross unterschreiben.

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  2. Schattentänzerin schreibt:

    Wunderschöne Bilder!

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  3. traeumerleswelt schreibt:

    ein sehr schöner Spaziergang mit vielen idyllischen Eindrücken, solche Spaziergänge liebe ich 🙂

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  4. syntaxia schreibt:

    Ich bin viel lieber dort als am Flückinger, weil er so überschaubar ist und nicht so überfüllt, selbst in der Saison nicht.
    Naja und weil ich eben in maximal 5 Minuten hinlaufe. Ich kann an deinen Fotos natürlich genau sehen wo du warst, ist mir schon recht vertraut und doch anders als meine Fotos. 😉
    Feine Impressionen!

    ..grüßt Monika

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    • rotewelt schreibt:

      Ach ja, du wohnst ja dort irgendwo! Ich glaube, mir gefällt der Dietenbachsee auch besser, er wirkt natürlicher, man hat eher das Gefühl, in der Natur zu sein (trotz der nahen Schnellstraße), es gibt keine störenden Gebäude und auch der Fernblick ist schöner. Gut zu wissen, dass er sogar in der Saison weniger überlaufen ist. Dankeschön, Monika, und Grüße aus dem Freiburger Osten!

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