Abendliche Impressionen aus einer kleinen kalabrischen Stadt am Stiefelrist Italiens
Willst du mitkommen, mit mir abhauen, weg von hier, con questo tempo grigio? Vieni via con me! Für ein leichteres, wärmeres und herzlicheres Lebensgefühl…
Bevor es Abend wird, hier im tiefsten Mezzogiorno, fahre nicht nur ich von einem Ausflug in die Wildnis nach Tropea zurück, sondern auch die Ziegen, mit denen ich mir die Straße teile, scheint es zurück in ihren Stall zu ziehen.
Gleich werden sie die Mauerlücke nutzen und mutig den steilen Hang herunterklettern.
Die Tiere und ich haben einen wunderschönen Blick auf das sich glitzernd verdunkelnde Meer.
Jetzt ist die richtige Zeit für einen Aperitif auf der zentralen Piazza der kleinen Altstadt. Langsam finden sich Bewohner und ein paar Touristen ein. Vater, Mutter, Kind, alle versammeln sich…,
…Großeltern mit ihren Enkeln auch.
Bestellt man ein Glas in einer Bar, bekommt man ungefragt einen Teller mit schmackhaften kleinen Knabbereien dazu – natürlich im sehr günstigen Preis inbegriffen. Jedes Mal sind andere Köstlichkeiten auf dem Teller, warme und kalte. Manchmal brauche ich gar kein Abendessen mehr.
Von hier aus lässt es sich gut gucken. Überall bilden sich Grüppchen, die eine Weile auf einem Fleck stehen- oder sitzenbleiben, dafür gestikulieren die Hände und das Standbild ist nie statisch. Es ist wie in einem öffentlichen Wohnzimmer, hier fühlt man sich zugehörig, selbst wenn man niemanden kennt, so ein fröhliches Treiben herrscht hier und die Kinder spielen Ball über den Köpfen der Flaneure.
Die Jungs versammelt sich an Denkmälern…,
…die auch schon mal erklettert werden.
An anderen Abenden gehört das Denkmal den Mädchen, die, auf dem Weg zur Frau, unbewusst mit den Haarsträhnen spielen.
Die nur wenige Jahre älteren schönen jungen und zum Glück (noch) nicht blondierten schwarzhaarigen Italienerinnen kommen in knallengen Hosen und auf rasant hohen Absätzen daher gestöckelt und überragen fast ihre Begleiter. Aber da sie meist stehen – parlando, parlando -, lässt es sich wohl aushalten. Schließlich kommt es ja sowieso nur darauf an di fare bella figura wie bei der überall in Italien üblichen abendlichen Passeggiata auf der Piazza. Vor allem ältere signori tragen auch schon mal elegante Anzüge zu dieser Gelegenheit.
Bekanntlich sind Italiener Meister im Flirten, es wird viel geguckt und gelächelt… und als Frau fühlt man sich verehrter und begehrter als anderswo…, selbst von jüngeren – und nicht nur solchen mit Bäuchlein…
Die Souvenirläden sind selbstverständlich lange geöffnet. Der alte Herr, den ich auch schon tagsüber mit seinem Sohn fotografiert habe, sitzt von morgens bis abends vor seinem Geschäft.
Und wer vergessen hat einzukaufen, bekommt selbst am Sonntagabend in einem kleinen Minimarket noch so gut wie alles und wird dabei freundlichst bedient.
In den vielen kleinen Restaurants, von denen einige sehr versteckt in Seitengassen liegen, haben schon gedeckt und warten auf den Ansturm, der noch auf sich warten lässt, denn erst muss ausgiebig promeniert werden.
Irgendwann treibt es die Gruppen zum balcone, zum Aussichtspunkt am Ende der Fußgängerzone.
Dort bleibt man am Geländer stehen, gern paarweise, und schaut lange auf das Meer.
Auch hier gibt es schon die ersten Liebesschlösser.
Wer die Einsamkeit sucht, lässt den Ort über sich, der im Abendrot golden strahlt…
…und fährt hinunter an einen der Strände, die Tropea zu Füßen liegen. Hier ist es jetzt schön leer, jedenfalls im Mai.
Dabei überbieten sich manche Abende darin, den schönsten Sonnenuntergang zu liefern.
Nur wenige Menschen streifen am Strand entlang, finden sich zu einem Picknick ein oder zu einer privaten Fotosession im Gegenlicht. Ich habe aber ein Auge darauf, dass mir der beredt-redselige gelockte Galerist aus Florenz mit den leuchtend grünen Augen nicht doch noch begegnet, der eines Abends am Strand so hartnäckig war, dass ich mich lieber losgeeist habe nach dem gemeinsamen Aperitif in der Strandbar…
Wer will bei diesem Anblick von Kitsch sprechen? Es ist einfach nur wunderbar, meraviglioso!
Und dann, wie erwartet, versinkt die Sonne im Meer. Und die Ndràngheta, die kalabrische Mafia, ist ganz weit weg.
Gianmaria Testa „Come le onde dal mare“
aaah, ch’e bello! grazie mille, cara!
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Non c’è di che! Grazie a te, bella!
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Schoen, ich kann es riechen…
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Ach wirklich? Freut mich! 🙂
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Ja:-)
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Das ist natürlich der Bericht einer Genießerin! lach.. Tatsächlich sind die Bilder sehr einladend, und man hat Lust, sofort dort hin zufahren… das „andere“ Leben zu genießen!.. (raus aus dem spießigen Land, wo kaum ein Lächeln blüht..lach)
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Ach ja, bella Italia und dann noch am Meer… Die Menschen genießen das Leben dort mehr als hier, auch noch etwas mehr als die Franzosen, glaube ich. Und reden und lächeln, ja, das kann man dort auch genießen und sieht nicht so viele grimmige Gesichter! 🙂
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Danke für den tollenAusflug. Ich habe den Trip genossen.
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Noch ein Genießer. Grazie mille! 🙂
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