Wenn der schwarze Wald meint, seine Wolken mal wieder ins Tal schicken zu müssen wie manchmal in den letzten Tagen (und überall sonst in Deutschland schien die Sonne), dann sehne ich mich nach mehr Überblick und mehr Licht. Der Urlaub ist nun schon solange her, wie er gedauert hat, erschreckend. Ich muss die Bilder rauskramen, um die Erinnerung wieder wachzurufen. Zum Beispiel an die erste Woche, die wir in einem Trullo bei Ostuni in Apulien verbrachten (Vorsicht, es kommen nur banale Worte und Urlaubsbilder ohne intellektuellen, künstlerischen oder sonstwie fruchtbaren Nährwert).
Nach der späten Ankunft im Dunkeln und der netten Begrüßung und Hausführung von Siretta und dem ersten Gecko, der ins Haus wollte (Siretta lachend: „Aveta paura?“ Aber nein, vor den kleinen Viechern fürchten wir uns nicht) hockten wir noch sehr lange vorm Haus, aßen und tranken, was ich in der Tankstelle bei der Autovermietung gekauft hatte, da alle Läden schon geschlossen hatten – also Pizzastücke, Panini, regionalen Wein, und kleine Kuchen fürs Frühstück und schauten in die schwarze unbekannte Stille. Das heißt, nicht ganz, denn die Kleinohreule, deren Ein-Ton-Laut ich schon von anderen südlichen Ländern kannte, gab wieder eines ihrer äußerst virtuos-monotonen Konzerte – ich liebe es! Dann, aber das sah leider nur mein Reisebegleiter, flog eine Schleiereule übers Haus und unseren Sitzplatz. Um ehrlich zu sein, tönten von einem entfernteren Nachbargrundstück zwischendurch auch andere Geräusche herüber. Ein sehr unentschiedener Discjockey (sagt man heute gar nicht mehr) legte mal dies, mal das auf, aber die Leute freute es, es schien sich um eine private Fête (sagt man auch nicht mehr, pardon, Party) zu handeln und war recht lustig. Dann war es eh wieder still, denn der Sonntagabend und damit das Wochenende waren vorbei.
Am nächsten Morgen sprangen wir aus dem Haus, um die Umgebung bei Tageslicht in Augenschein zu nehmen. Es ist ja immer spannend, wenn man im Dunkeln ankommt und erst am nächsten Morgen das Grauen, ähm, die Schönheit der Umgebung erblickt. Hier war alles schön. Der hübsche kleine Sitzplatz vor der Trullo-Haustür war schon zu sonnig, also ging es zum Frühstücken an den großen Tisch neben dem Haus. Eine Brise erfrischte die Szenerie, die Licht- und Schattenspiele erfreuten das Auge und die kleinen am Vorabend erstandenen Kuchen schmeckten gar köstlich. Dort wohnten auch die meisten Mücken, sie stachen mich beim Frühstück täglich ober- und unterhalb der Kniekehlen, denn da sieht man sie ja nicht anfliegen. Egal, da muss man durch.
Es war der erste Trullo, in dem ich wohnte und ich kann mir kaum einen schöneren vorstellen, vor allem wegen des riesigen halbwilden Grundstücks. Ach ja, ein Trullo ist ein traditioneller apulischer Rundbau mit Kraggewölbe, manchmal verniedlichend auch Zipfelmützenhaus genannt. Die Grillofenkonstruktion auf dem Foto befindet sich übrigens auf einem alten Nähmaschinengestell deutscher Provinienz – das Gesamtensemble wirkte wie eine alte Dampflok.
Innen war der Trullo mit der angrenzenden Lamie optimal gestaltet, es gab hübsche Schlafzimmer und Bäder und alles war sehr originell, individuell und auf geschmackvolle Art dekoriert. Die Wohnküche war vielleicht etwas dunkel, dafür auch bei der größten Hitze erträglich und ich musste ja arbeiten, wobei ich die Wahl des Arbeitsplatzes hatte, denn das schnelle zuverlässige Wifi reichte überall hin (hallo Telekom…).
Das gesamte Grundstück vor, neben und hinter dem Haus war so schön, dass ich mich – die ganze Zeit – vor lauter Entzücken nicht einkriegen konnte. Zwar haderte ich die ersten Tage schwer mit meinem Schicksal, auch dort arbeiten zu müssen, doch dann bekam ich mich ein wenig in den Griff und genoss meine freie Zeit im Garten und auf Ausflügen.
Während gelegentlicher Arbeitsstörungen streifte ich durch den Garten…
…und freute mich an der Natur, zum Beispiel am Distelfalter.
So viele Schmetterlinge, Bienen und anderes Getier hatte ich lange nicht gesehen.
Der Südliche Zitronenfalter war genauso vertreten wie der Südliche Schwalbenschwanz und ein Insekt, das ich nicht recht zuordnen kann, ich vermute, es handelt sich um die gelbstirnige Dolchwespe (Megascolia maculata), die ich eher als Käfer wahrnahm und daher nicht die Flucht ergriff. Klar, es gab auch ein paar Millepiedi (Tausendfüßler) in der Küche, die merkwürdigerweise vor allem In Italien heimisch zu sein scheinen, vorzugsweise in Umbrien und der Toskana, hier aber doch ein erträgliches Ausmaß hatten, außerdem täglich die eine oder andere fette Assel im Haus, die man prima rauskugeln konnte, und ein, zwei Spinnen. Alles im grünen Bereich. Nur der junge Hausspatz bei Sonnenaufgang war noch lauter als zuhause eine ganze Kolonie, egal, geschlafen habe ich trotzdem besser.
Die An- und Abfahrt vom/zum Grundstück durch Oliven- und Mandelhaine war einfach zu schön. Und überhaupt, ich wollte nie wieder weg.
Man gewöhnt sich an die ländliche Umgebung, die Weite, die Großzügigkeit und die alten Mauern.
Dazu noch das Meer in Sichtweite. Ach, es war zwar kein Dolcefarniente, aber immerhin doch ein wenig Dolce Vita. Und das lag nicht nur am Trullo und der wunderschönen Umgebung, sondern auch an den Städtchen in der Region und dem guten Essen.
Schön, dass Dir der Trullo so gut gefallen haz. Ist natürlich auch wunderbar gelegen, so mit Blick aufs Meer, das hatten wir in Cisternino nicht. Aber die Umgebung war auch sehr schön, inmitten von Olivenhainen. Ich glaube, ich muss auch mal wieder nach Apulien.
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Der Trullo hätte mir ohne Meerblick im Grunde genauso gut gefallen. Die Olivenhaine und die restliche Natur machen’s. Also, Vilmos, wann fährst du wieder? 😉 A propos Cisternino, fand ich sehr schön.
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Mais, c’est un véritable palais royal ! Absolument magnifique ! Madame aime le luxe ?!
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Auch ein Trullo kann ein Palast sein! Ob das nun Luxus ist? Na ja, schon, das waren die Schönheit des Gebäudes und der Natur, würde ich sagen.
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Deine Eindrücke haben auch mich erinnert an eine wunderbare Zeit in der Maremma, ähnliche Bilder, ähnliche Stimmungen…. und dass die Zeit rast…
Aber:
„Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen.“
Peter Ustinov
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Schönes Zitat,wenn auch nicht immer passend. Ach ja, die Maremma, daran denke ich auch gern zurück und möchte nochmal hin.
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Eine super Lage und schöne Ecken am Trulli findet man bestimmt nicht überall. Eigentlich wollte ich vor Ort schon einen Steinhauerkurs zur Erstellung eines kleinen Trullis machen aber die Olivenblüte (Heuschnupfen) im Frühjahr hatte mich in Besitz genommen.
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Ja, da hatten wir wohl Glück oder gut ausgewählt. 😉 Du wolltest dort einen Steinhauerkurs machen? Finde ich toll und spannend. Wie übt man das? Am Beispiel der kleinen Trulli aus Natursteinen, die man noch überall auf den Feldern findet und die als Unterstand für die Schafe und Ziegen dienten? Ich habe großen Respekt vor allen, die die Tradtion aufrechterhalten (zum Beispiel auch auf Mallorca, wo es auch noch ein paar Handwerker gibt, die ohne „Bindemittel“ diese schönen Natursteinmauern hochziehen. Dass die Olivenblüte dich abgeschreckt hat, verstehe ich gut – obwohl ich keinen „richtigen“ Heuschnupfen habe, reagiere ich auf manche Pollen doch ein wenig allergisch und die der wunderbar duftenden Olivenblüten und des Maiginsters in Italien gehören dazu inlusive Augenjucken, Niesen etc. Also fahr doch einfach zu einer anderen Jahreszeit?!
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In der Tat sehr geschmackvoll, umgeben von gepflegter „Wildnis“, da kann ich dich nur zu gut verstehen, dass du nie mehr wieder weg wolltest!
Liebe Grüße und danke für die zauberhaften Bilder,
Ulli
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„Gepflegte Wildnis“ trifft es gut und ist ja auch nicht abwertend, die Oliven- (und Mandel)plantagen wollen und müssen ja gepflegt werden. Ich war schon froh, dass diese 15 Kilometer breite Schneise quer über den Stiefelabsatz im Salento wohl doch nicht geschlagen wurde, worüber die letzten Jahre nachgedacht wurde, nachdem ein Schädling viele Bäume zerstört hat. Wir sahen allerdings viele zurückgestutzte Olivenbäume, die man nach dem Schnitt wohl behandelt hat.. Man kann nur hoffen, dass sie sich erholen. Danke dir für deine Worte und liebe Grüße, Ute.
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Wunderbare Fotos! Das ist wirklich alles total idyllisch. … übrigens „Autan“ nenne ich schon seit Jahren „il profumo dell’estate“. Auch in unserem Häuschen bei Ostuni und abends bei Windstille auf der Terrasse geht ohne das Sommerparfüm gar nichts.
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Danke dir, ja, wirklich, ein einziges Idyll. Oh je, den ganzen Sommer muss das ja schlimm sein mit den Mücken. Auf Autan habe ich irgendwann auch zugegriffen, weil nichts anderes half und war positiv überrascht, dass, „il profumo dell’estate“ nicht mehr so stinkt wie früher. Allerdings nützt es bei mir jetzt auch auch nicht mehr viel. In der ersten Stunde drehen die Mücken 10 Centimeter vor meiner Haut ab, aber danach geht die Stecherei wieder los. Vor zwei Jahren habe ich in Apulien zur gleichen Jahreszeit keine Mückenplage erlebt.
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Ich glaube, aber das ist nur ein Verdacht, gelegentlich wird da großflächig mit Chemie nachgeholfen.
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Aha, wer weiß, wird ja auch in anderen Gegenden gemacht…
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