Unkorrekte Gedanken

Heute Abend stand ich an der Ampel und hörte im Autoradio eine Nachricht, in der es um „Studierendenwerke“ ging. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht mehr, was das Thema war. Ich dachte nämlich die ganze Zeit daran, wie sperrig dieses Wort doch ist und fragte mich, ob sich Frauen vom altbekannten und besser über die Lippen gehenden „Studentenwerk“ heute tatsächlich nicht mit angesprochen fühlen. Also, ich fühlte mich früher immer mitgemeint, das stand nie infrage, obwohl oder weil ich da sogar ein wenig mitgearbeitet hatte.

Unflüssig auszusprechende Wortungetüme entstehen im Zuge des Gender-Wahnsinns und der „political correctness“. Als gäbe es keine wichtigeren Probleme in der Welt. Immer mehr Studiengänge an Universitäten zu Gender-Wissenschaft entstehen, dabei handelt es sich gar nicht um eine Wissenschaft, sondern hauptsächlich um unbelegte Hypothesen und Manipulationen, die aber offenbar selbst die konservativsten politischen Parteien überzeugen und sogar schon Kindergartenkinder verunsichern, weil sie sich bereits mit drei Jahren und ohne Not fragen und verunsichern lassen müssen, ob sie nun wirklich Mädchen oder Junge oder was dazwischen sind (das biologische Geschlecht tritt ja in dieser Diskusstion immer mehr in den Hintergrund). Natürlich werden diese Lehrstühle – pardon, muss es hier nicht LehrstuhlInnen heißen, was aber auch wieder nicht die Transgender berücksichtigen würde – hauptsächlich von Frauen besetzt. Die ja angeblich keine Macht haben in der Gesellschaft.

Klar sitzen in den Führungspositionen deutscher Konzerne meist noch Männer an der Spitze, aber das liegt nicht nur an den bösen Kerlen, die es natürlich auch gibt und die unter sich bleiben wollen und an der angeblichen „gläsernen Decke“, an die Frauen stoßen, sondern vor allem daran, dass die meisten Frauen gar keine Ambitionen auf eine Superkarriere in den höchsten Etagen haben – und dafür haben sie meist gute Gründe. Und wenn doch, ich bin sicher, gelangen sie heute auch ohne Quote dahin, es gibt genügend Beispiele, seit einiger Zeit vor allem an den Universitäten. Selbst würde ich nie eine „Quotenfrau“ sein wollen. Aber im Rahmen von Diversity kommt es ja eh nicht mehr so auf die Qualifikation an, sondern auf Prozente. Sollte hier jemand denken, ich sei gegen Vielfalt, so irrt er/sie/?. Nur bin ich immer noch der Meinung, die Geeignetsten sollten das Rennen machen (der Plural klingt doch schön neutral, oder? Ach nee, es muss „die GeeignetstInnen“ heißen).

Hoppla, meine Tastatur spinnt, kann nicht zurück, ah, jemand hat die NumLock-Taste gedrückt, ich war’s nicht. Ach ja, vorhin war „der Techniker“ der Telekom hier. Hat mir einen neuen Speedport geliefert, weil meine über 25 Jahre alte Fritzbox zickte (pardon, in diesem Fall sollte man im Sinne des Gender-Mainstreams wohl besser „bockte“ sagen) und gleich noch einen schnelleren Telefonanschluss eingerichtet. Seit der Termin feststand, bekam ich täglich drei SMS à la „Der Techniker kommt bald!“ inklusive einer URL, auf der ich angeblich ersehen können würde, wie lange es noch dauert. Nur heute, am Tag des Ereignisses, kam nix. Man hatte mir ein Zeitfenster zwischen 12 und 18 Uhr 29 genannt, zuerst 18 Uhr 30, aber das war sicher der offizielle Feierabend der MitarbeiterInnen. So saß ich stundenlang auf heißen Kohlen und konnte das Haus nicht verlassen. Dann, knapp zwei Stunden vor Toresschluss, rief eine Frau an, man würde jetzt meinen Anschluss umstellen und der Techniker würde in zehn Minuten kommen.

Es kam – eine Technikerin, genau diese Frau, die angerufen hatte und eben nicht im Back Office arbeitet, sondern selbst unterwegs ist. Damit hatte ich nun auch nicht gerechnet, wie ich zugebe. Sie sagte mir lässig und unbekümmert, sie sei es gewohnt, dass die Leute einen Mann erwarten, es machte ihr offensichtlich nichts aus. Cool, selbstbewusst, freundlich-unaufgeregt, die schwarz und sportlich gekleidete junge Dame, hübsch und mit blondem Pferdeschwanz und ein wenig Décolleté-Einblick. Mit ellenlangen eckigen weißlackierten künstlichen Fingernägeln richtete sie mir noch den neuen WLAN-Zugang ein, worüber ich staunte (nicht über ihre Expertise, die ich nicht anzweifelte, sondern die Fähigkeit, mit diesen Krallen zu tippen). Dabei hat sie wohl die Numlock-Taste betätigt, die ich nie benutze.

Und die Moral von der Geschicht, was will ich damit sagen? Ach, ob Techniker oder Technikerin – es geht auch alles ganz locker und unverkrampft. Was sollen die verbissenen Geschlechtsdiskussionen. Lass dich einfach überraschen und lebe dein Leben, mach dein eigenes Ding. Geschlechterkampf bringt nichts, ist kontraproduktiv. Und welche Frau will schon einen Mann, der keiner mehr ist, sondern von und mit Frauen selbst im Gender-Jargon redet – wie unsexy und abtörnend. Wenn alle Menschen androgyn, wenn alle quasi gleich sind, können wir ja gleich zu Zwittern, ähm, ZwitterInnen, werden.

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24 Antworten zu Unkorrekte Gedanken

  1. vilmoskörte schreibt:

    Ich schließe mich Deinen unkorrekten Gedanken an. Das Ärgerlichste, das ich zum Thema Genderwahn in letzter Zeit erfahren habe, ist, dass unsere schwachsinnige Berliner R2G-Regierung die Duden-Redaktion aufgefordert hat, das „Gendersternchen“ in den Duden aufzunehmen. Das ergänzt doch prima die Entgleisung, nach der in zwei Berliner Bezirken in der Bezirksverordnetenversammlung In Standardeutsch (also ungegenderte) abgefasste Anträge nicht mehr behandelt werden.

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  2. Eric schreibt:

    Ich kann die Aufregung nicht verstehen.
    Selbstverständlich finde ich es richtig, dass man klar erkennen kann, ob es sich z.B. um eine Telekom-Technikerin und nicht um einen Techniker handelt.
    Dann kann man gleich genauer hinsehen, on SIE auch alles richtig macht (vielleicht bleibt dann vorsorglich der Mann zu Hause, um das zu prüfen…)
    Ich finde es auch in Ordnung, dass Männer in der Werbung inzwischen oft als trottelige und wehleidige Muttersöhnchen dargestellt werden. Ein bisschen „Revanchismus“ sei den Damen gegönnt.
    Aber damit sollte nicht Schluss sein: Was ist mit Nachnamen: Frau Müller ? Oder Frau Walter ?Wie absurd!
    Das muss künftig Frau Müllerin/Walterin sein! Da sind die Russen wieder einmal weiter!
    Ein bisschen muss ich die Genderisierung schon auch kritisieren: Wörter wie ComputER seien männlich und sollen auf Vorschlag aus Berlin neutral mit der Endung „Computa“ versehen werden.
    Da waren wohl keine Lateinerinnen am Werk – oder etwa gerade doch?
    Äh, gab es da noch andere Probleme in der Welt???

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    • rotewelt schreibt:

      Wen meinst du mit der Aufregung? Falls du mich meinen solltest, so habe ich mich über „der Techniker nicht aufgeregt, fand die Überraschung nur lustig. Oder meinst du die Aufregung der Gender-Verfechter*innen? Dann stimme ich dir zu. Dagegen, dass Männer in der Werbung manchmal „dämlich“ (huch, das darf frau bestimmt nicht mehr sagen, obwohl es doch weiblich ist) dargestellt werden, habe ich auch nichts. Ja, mal sehen, wie weit die Gender-Wütigen noch gehen werden, jedenfalls setzen sie sich durch, erstaunlicherweise. Das mit dem Computa hielt ich erst für einen Witz, doch leider handelt es sich nicht um Satire, sondern um bitteren Ernst, pardon, bittaran Siernst. Ob sich durch die Verunstaltung der Sprache eine einzige Frau aufgewertet und eher gesehen fühlt? Ich glaube nicht. Ich gehe jetzt zum Bäcka.

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      • vilmoskörte schreibt:

        Ich muss jetzt leider mal ein wenig den Besserwisser geben: dämlich ist ganz und gar nicht von Dame abgeleitet (WAHRIG HERKUNFTSWÖRTERBUCH sagt zu dämlich:
        dumm, einfältig; das Wort ist eine Ableitung zu dem kaum verbreiteten Verb dämeln „verwirrt sein“, das eine semantische Ähnlichkeit zu → taumeln aufweist; ursprünglich bedeutete das Adjektiv also in etwa „taumelig“ und hat sich im Laufe der Zeit zu einem beleidigendem Wort entwickelt).

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        • rotewelt schreibt:

          Schon klar, dass sich „dämlich“ nicht von „Dame“ ableitet, aber das Wort erweckt bei manchen Frauen halt entsprechende Assoziationen. Ich muss gerade an einen früheren Französischlehrer denken, der immer in die Klasse schimpfte: „Dummkopf, Dämel, wieder nichts gelernt“. Dass es auch etwas mit Taumeln zu tun hat, wusste ich allerdings nicht.

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      • Eric schreibt:

        Sorry, damit habe ich selbstverständlich nicht dich gemeint!
        Du hast auch genau den Punkt getroffen: Welche Frau fühlt sich durch diese Verunstaltungen wirklich eher gesehen? Wertschätzung und Achtung geht m.E. anders.
        Bei dieser grausligen Debatte geht mir manchmal die Stute durch und ich kann nur noch ironisch reagieren 😉

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        • rotewelt schreibt:

          Kein Problem, war ja nur ne Verständnisfrage. Genau, alles nur Kosmetik, die nichts mit der Achtung vor den Menschen zu tun hat. Im Gegenteil: Indoktrination spricht genau dagegen, dass man die Menschen achtet und respektiert. Wurden wir alle angehört, die Bevölkerung? Nein. Wie, dir geht die Stute durch? Na, das würde mir aber zu denken geben. 😉

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          • Eric schreibt:

            Indoktrination ist der richtige Ausdruck. Und die Sprache ist nur EIN Aspekt.
            Ich denke z.B. an Gomringers Gedicht und andere Angriffe auf kulturelle Werte.
            Fühle mich nicht wohl dabei.

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          • rotewelt schreibt:

            Ja, wie war das noch mit der Freiheit der Kunst? So einem Gedicht bzw. dem Autor Sexismus vorzuwerfen, das gibt mir auch sehr zu denken. Alice Schwarzer mit ihrer plumpen Männerfeindlichkeit war harmlos im Vergleich zu den heutigen „Feminist*innen.

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  3. Solminore schreibt:

    Das Wort Student ist nach meiner Beobachtung insgesamt im Verschwinden begriffen. Als ich neulich eine Kollegin von „einer Studierenden“ sprechen hörte („Im dritten Prüfungsversuch ist nur eine Studierende“), also in einem Kontext, wo man gefahrlos Studentin hätte sagen können und müssen, wurde mir klar, was da passiert: Der Reflex, Studenten zugunsten von Studierenden zu vermeiden, ist mittlerweile so tief eingewurzelt, daß er auch da noch eingreift, wo zum gendernden Eingriff überhaupt kein Grund besteht, nämlich im (referentiellen) Singular. Damit wird nach den Erfordernissen der Sprachökonomie einerseits ein unregelmäßiger Plural vermieden (Student, Studentin –> Studierende), andererseits ist man mit der Wurzel Studierend- immer auf der sicheren Seite.

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    • vilmoskörte schreibt:

      Biertrinkende Studierende – so’n Quark, was machen sie denn gerade, trinken oder studieren? Es ist Unsinn, das Partizip um der angeblichen Geschlechtergerechtigkeit wegen dort einzusetzen, wo es nicht hingehört. Zumal das standardmäßige Genus im Plural in der deutschen Sprache das männliche ist – man hat also nichts gewonnen.

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    • rotewelt schreibt:

      Ja wirklich, „Studentin“ wäre in solchen Kontexten nicht nur gefahrlos, sondern auch sinnvoller. Den Trend, dass „Student“ und „Studentin“ verschwinden, sehe ich auch (und das ist ja nur ein Beispiel).

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  4. Ulli schreibt:

    Dass das Ganze seltsame Blüten treibt sehe ich auch. Aber wieso soll ich eine Lehrerin als Lehrer ansprechen? Mich kostet es nicht viel Mühe zu unterscheiden, auch nicht schriftlich, aber ein Wecker bleibt ein Wecker und wird nicht zur Wecker*in 😉
    herzlichst, Ulli

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    • Ulli schreibt:

      übrigens … sehr schöne Schuhe 🙂

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    • rotewelt schreibt:

      Eine einzelne Lehrerin oder eine Gruppe von ausschließlich Lehrerinnen würde ich auch niemals als Lehrer bezeichnen. Aber mich stört der männliche Plural bei gemischten Gruppen nicht, ich fühle mich mitgemeint. Aber dazu gibt es halt unterschiedliche Ansichten. 😉 Das finde ich auch nicht schlimm, das respektiere ich, nur die Auswüchse…

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    • vilmoskörte schreibt:

      In der Einzahl ist es ja auch nicht wirklich ein Problem. Die ganze Malaise tritt ja nur auf, wenn im Plural die männliche Form „die Lehrer“ verwendet wird. Dann fühlen sich einige herabgesetzt, weil sie denken, Frauen seien nur mitgemeint, was Quatsch ist. Dann kommen sie auf die Idee, eigenartige Formen, wie LehrerInnen, Lehrer_innen, Lehrer*innen, oder gar LehrerX verwenden zu müssen. Alle Formen sind (zu recht!) nicht Teil der deutschen Standardsprache, funktionieren nur in geschriebenen Texten und beruhen auf einem Unverständnis der deutschen Sprache. Auch die bei den Politikern so beliebten Blähformen „Lehrerinnen und Lehrer“ sind nicht besser, weil dabei Frauen zweimal gemeint werden. Lies dazu auch Daniel Scholten: „Der Führerin entgegenarbeiten“ (erschienen im Merkur, Dezember 2013, 67. Jahrgang, Heft 775, pp 1141-1148; ich kann derzeit nur folgende Fundstelle im Netz anbieten: http://www.mesop.de/sprachkolumne-der-fuehrerin-entgegenarbeiten-warum-juedinnen/) [ja, das ist ein langer und auch nicht einfacher Text].

      Ich glaube aber, dass wir diese schon tausendfach geführte Diskussion in dieser Kommentarspalte nicht abschließend werden behandeln können.

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