An Seen kommt man in Schweden nicht vorbei, überhaupt scheint das Land hauptsächlich aus Wasser und Wäldern zu bestehen, durchsprenkelt von Bauernland mit wie hingetupften roten Häusern, Dörfern, Städtchen und Städten. Was ich seit der Kindheit nicht gesehen hatte: An manchen Wegkreuzungen standen wie früher große Milchkannen abholbereit.
Am Vätternsee hat man alles auf einmal: einen großen See (der zweitgrößte See im Land nach dem Vänern) mit 135 KM Länge und circa 31 KM durchschnittlicher Breite, und hübsche Orte inmitten grüner Landschaft, zum Beispiel Vadstena.
Während man sich an manchen schwedischen Ostseegestranden an einem See wähnt, glaubt man am Vättern wie am Meer zu sein, sogar wenn man von der östlichen Schmalseite aus schaut.
Vadstena, ein kleiner Ort am Ostufer des Vättern, hat nur rund 5600 Einwohner. Das Städtchen glänzt nicht nur mit der Seelage und einem kleinen Freizeithafen, sondern unter anderem auch mit einem burgartigen Schloss: 545 hatte im Auftrag von Gustav Wasa der Bau begonnen, ursprünglich als Verteidigungsanlage gegen die Dänen gedacht. Später war es dann nach einem Umbau im Renaissance-Stil einfach ein eher friedlicher Herrschersitz.
Fast fühlt man sich dort wie in einer Sommerfrische, auf der parkähnlichen Wiese vor dem Schloss picknicken Familien und man hat direkten Seeblick.
Auf einer kleinen Landzunge gelangt man zu einem Mini-Leuchtturm.
Als sei das alles bei dem traumhaften Wetter Ende August nicht schon Glück genug, erschien plötzlich ein Schwarm Wildgänse. Ich liebe das, die Geräusche, alles, einfach magisch. Der Herbst scheint sich für die wissenden Zugvögel schon angekündigt zu haben.
In Vadstena direkt gibt es nur ein paar kleine Badebuchten, die jedoch an diesem Tag gut besucht waren. Spaziert man am Ufer entlang, stößt man auf die Abtei Pax Mariae. Der Grundstein für das Kloster wurde 1346 gelegt, die heilige Birgitta hatte das Mutterkloster für den gleichnamigen Orden gegründet.
Im Pilgercafé im Garten neben dem dazugehörigen Museum kann man günstig etwas essen und trinken. Der bärtige junge langhaarige Wirt schneidet Scheiben von (nicht bröseligen) Graubrot ab und belegt sie, es gibt selbstgebackenen Kuchen und auf einer schattigen Wiese oder in mehreren gemütlichen Räumen kann man sich stärken, auf mit Schaffell ausgelegten Bänken ausruhen oder sich Bücher aus der gemütlichen Bibliothek auswählen.#
Hier das Bischofskloster
Die gotische Klosterkirche, mit deren Bau 1369 begonnen wurde, wurde nach Anweisung von Birgitta einfach und ohne Schmuck errichtet. Man beachte den Beichtstuhl im unteren mittleren Bild: Die Beichtenden saßen da auf kalten Steinbänken und noch dazu von jedem sichtbar.
Das Besondere – und nicht nur an dieser schwedischen Kirche – ist das Profane, das Praktische, das ich so noch nirgendwo anders gesehen habe: Nicht nur hat jede Kirche eine Toilette (natürlich mit Baby-Wickeltisch), sondern auch kostenlosen Kaffee und Wasser parat, eine Sitzecke abseits des offiziellen Gottesdienstbereichs für Gemeinde- und andere Gemeinschaftssitzungen und – eine Kinderspielecke! Sie befindet sich, wie auch in dieser Kirche, gut einsehbar von den Eltern, direkt neben der Kanzel, und hält Bilderbücher, einen weichen Teppich und Plüschtiere in einer Arche Noah für die Kleinen bereit.
Ehrlich gesagt, konnte ich es kaum glauben, aber ich finde es toll! Wie „sozial“ die Schweden doch sind, auch wenn das jüngste politische Enwicklungen nicht immer bestätigen, aber…
Der Ort Vadstena, weitgehend noch im seiner mittelalterlichen Struktur erhalten, hält ansonsten lauschige Ecken parat, wie die meisten schwedischen Städtchen in Östergötland…,
… dazu reichlich pastellfarbene Holzhäuser und Kopfsteinpflaster.
Frau pflegt einen lässigen Stil, bisweilen schräg…, und manche alte Dame erinnerte mich ein wenig an Astrid Lindgren.
Als der Abend drohte, ließen wir uns im Mat fran Koket, einer Art Bistro, nieder. Von unseren Plätzen aus hatten wir durch eine Gasse hinweg einen schmalen Blick auf den Vättern. Das Essen war anders als erwartet, aber schmackhaft. Ich bestellte Knoblauchbrot und Mozzarella-Sticks und erhielt: Knoblauchbrot und Mozzarallasticks. Dummerweise hatte ich mir Spieße statt Sticks vorgestellt, selbst schuld, mit frischen Tomaten, doch stattdessen bekam ich frittierte Mozaralla-Stangen mit einem Glas Aioli zum Eintunken. Klingt strange? So sah es auch aus. Zu meinem Erstaunen schmeckte es aber: Man tunke fette panierte Mozzarella-Stäbchen in fettes Aoli. Nur das mit Olivenöl und Knoblauch extem getränkte Brot, das ein Monsterbrötchen war, war dann doch zuviel. All das war aber völlig okay, wegen der schon genannten Tiefenentspannung.
Nach dem Abendmahl machten wir uns auf zum Auto und weil es so schön war im bilderbuchartigen Sonnenuntergang, stromerten wir nochmal zum Leuchtturm.
Unterwegs unterhielt uns eins bronzener Flötenspieler.
Dann der kanalähnliche Hafen zwischen Wasa-Burg und See,
das Leuchtturmidyll und der Rest.
Lauter Bilder, die mich sanft in die Träume schaukelten.
Auch die letzten Bilder hinterlassen einen eigenartigen aber schönen Eindruck von dieser Reise; man bekommt viel zu sehen, die Natur scheint allgegenwärtig zu sein, jedoch vermisst man ein wenig die Menschen (Fotos der Autochthonen.. lach).
Der Schweden-Witz, wie der Happen, liegt wohl eher im „originalen Futter“ und der saftigen beschwörenden Natur! Besonders schön und magisch, der Flötenspieler im Sonnenuntergang, sowie das Segelboot und Leuchtturm! Gelungene Bilder! Bravo! und Dank , uns diese schönen Reiseeindrücke vermittelt zu haben! 🙂
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Ja, die Natur scheint mir auch den eigentlichen Charme von Schweden auszumachen, immer Wasser und Wald im Wechsel (obwohl ich gar nicht so ein Waldfan bin, aber dort gibt es auch viel Laubwald und den mag ich). Danke fürs Kompliment. 🙂
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Auch wenn ich mich wiederhole: ein sehr schöner Reisebericht, liebe rotewelt!
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Oh, danke dir, Cablée! 🙂
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