Wo die Kühe und Ziegen sich nicht die Beine rasieren und die gefleckten Ziegen singen „Doo“, da beginnt das wilde Leben. Oder so. Spaß beseite, wie der Deutsche gern sagt. „Walk on the wild side“, diesem Motto bin ich die letzte Woche mehrfach gefolked, pardon, gefolgt. Die Nase in die Natur zu stecken, tut gut, sogar im schwarzen Wald. Denn in Frühjahr und Sommer kann diese Region gar lieblich sein trotz ihrer Rauheit.
Und jetzt lassen gerade die Tischtennisspieler auf dem Schulhof nebenan den schönen Song von Lou Reed laufen. Ich habe von da schon schlimmere Geräusche gehört bzw. höre sie täglich.
Da ich ja ein (ehemaliges) Mädchen vom Dorf bin, das gegenüber eines Bauernhofs aufgewachsen ist und dort viele, viele Stunden zwischen Ställen, Feldern, Heuschobern und Geräten aufgewachsen und rumgestromert ist, habe ich auch heute noch eine Affinität zum Landleben. Zwar wohne ich nicht mehr im Ostwestfälischen wie damals, sondern am Rande des Schwarzwalds, aber die Landluft tut mir immer noch gut. Könnte ich wählen, hätte ich ein Haus in der Pampa, eine Wohnung in der Stadt und eine am Meer.
Seit gestern duftet es hier im östlichen Freiburg wieder nach Kuhstall. Wie jedes Jahr, meist so ab Mitte Mai, im Moment ganz stark. Es ist wohl der Höllentaler, der das ländliche Aroma hierher weht. Im Schwarzwald selbst habe ich den Duft erst ein einziges Mal gerochen. Seltsam, im Frühjahr verlassen die Tiere doch ihre Ställe, um auf den Weiden zu grasen, also warum der Geruch? Weil die Stalltüren geöffnet werden? Man weiß es nicht und andere Menschen verstehen leider gar nicht, wovon ich überhaupt rede, daher bekomme ich keine Antworten. Ob sie nicht wissen, wie Kuhstall riecht?
Meine letzten Schwarzwaldbilder ähneln sich, weil immer aus der Totalen geschossen, ich finde auch kaum noch spannende Details. Oder die Straßen sind so eng, dass ich nicht anhalten kann. Pardon. Als hätte ich hier alles schon abgegrast die letzten zehn Jahre.
Meine Lieblingstiere nach Katzen und Eseln sind Ziegen und letztere findet man im Schwarzwald öfter. Sie haben die Fähigkeit, sich auch an extremen Steilhängen sicher zu bewegen. Nahe dran bin ich die letzte Woche nicht gekommen. Auch nicht an anderes Getier.
Dafür aß ich gestern im Landgasthaus zur Linde in Münstertal unter anderem köstlichen Ziegenfrischkäse, ganz fluffig und mit Kräutern, nebenan rauschte der Bach. Auf dem gemischten Vorspeisenteller fanden sich außerdem frisch geräucherte Forelle, sowohl mit Meerrettich als auch mit Preiselbeeren angerichtet, Scheiben vom Schäufele, Schwarzwälder Schinken und Salat.
Um mich herum an diesem Sonntag hauptsächlich Touristen. Zwei Paare gut genährter Franzosen (vermutlich Elsässer, wie ich dem Dialekt entnahm, wobei sie ständig sämtliche Freunde in Frankreich anriefen, von denen einige gerade in der Bretagne weilten), die sich als Dessert genüsslich Schwarzwälder Kirschtorte schmecken ließen, ein englisches älteres Radfahrerpärchen, das sich was traute (nie so hässliche Radlerkluft gesehen, nein, mehr sage ich nicht), ein langbärtiger deutscher Wanderer, der seine schmutzigen nackten Fußsohlen zeigte, goldbeklunkterte magere oder dicke alte Damen, ein mittelaltes Paar aus dem Norden, das nach Genuss der Speisen fragte, ob noch ein Zimmer frei sei, und eine Handvoll jüngerer Leute.
Doch, schön war’s. Und jetzt warte ich auf die Mauersegler, sie müssten bald hier sein.
PS: Herrlich, dass der „Sonnenkönig“ Dieter Salomon, der Freiburg seit 16 Jahren als grüner oder eher grün-schwarzer Oberbürgermeister selbstgefällig, arrogant und bürgerfern regiert hat, gestern abgewählt wurde. Er wollte ja sogar die städtischen Sozialwohnungen meistbietend verkaufen. Ob der neue OB, Martin Horn, den ich noch nicht einschätzen kann und den Salomon im Wahlkampf „Praktikant“ genannt hat, was kann und was er wirklich will und umsetzen kann, muss sich allerdings erst zeigen.
Es wird Zeit, dass du das sanfte Wiesental erkundest, liebe Rotewelt (welcome), ich habe heute eine mal andere Strecke zum einkaufen genommen und war ganz entzückt 🙂 hatte aber keine Kamera dabei und eh keine Zeit zum wandeln (ist ja manchmal so)…
Schön ist es dann am Abend mit dir zu gehen und durch deine Augen zu schauen-
herzliche Grüße, Ulli
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Ja, manchmal entdeckt man noch unbekannte Nebenwege und das ist schön! Danke für deine Worte und liebe Grüße zurück, Ute
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