Wohnhaft

Was sagt es über einen Menschen aus, der sagt, er sei „wohnhaft“ in einem Ort? Ehrlich gesagt, ist das eine Frage, die mich schon sehr lange beschäftigt, aus anthropologisch-linguistischem Interesse gleichermaßen – na ja, ehrlich gesagt, aus purer Neugier.

Ich dachte immer, ich wohnte, lebte vor allem. Doch wieso benutzen manche Menschen das Behördendeutsch? Wohnhaft…, das klingt ja beinahe kriminell. Zumindest kommt man nicht eher aus seiner Behausung heraus, bevor die Haftzeit erlassen wurde. Oder?

Doch kann man sich tatsächlich fühlen wie in Wohnhaft, so wie ich in Freiburg seit gut viereinhalb Jahren. Irgendwie eingesperrt, gehindert an allem, sowohl privat wie beruflich. Obwohl „Frei“ doch so ermutigend klingt. Aber wer kann wirklich und länger frei sein, in einer Burg? Bereits während der Wohnungssuche stieß ich auf eine Ostwestfälin (wie ich), die nach acht Jahren Frei-Burg feststellen musste, dass sie „hier kein Bein auf die Erde bekommen hatte, weder privat noch beruflich“. Und ich lachte sie aus…

Vor Freiburg lebte ich eine Zeit lang im hessischen, etwas lieblicheren, doch dörflichen Zwingenberg, wo ich mich irgendwann eingezwängt fühlte. Und war überzeugt, dass ein Umzug in eine freie – und größere – Burg ein Fortschritt sein könne. Doch eine Burg bleibt eine Burg. Kehrwoche inklusive.

Wie man sich doch irren kann. Immer wieder.

Meine Haftzeit scheint nun vorbei zu sein. Ich suche neue Horizonte jenseits der Gefängnismauern.

Dieser Beitrag wurde unter Alltägliches/Allgemeines abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

22 Antworten zu Wohnhaft

  1. 234NCM schreibt:

    Das hört sich ganz nach einem großen Aufbruch an … So folgt ein Befreiungsschlag dem anderen. Manchmal ist das notwendig, um nicht zu ersticken.

    Like

    • rotewelt schreibt:

      Huch, 234NCM, welch Überraschung… 😉 Schön, dich hier zu sehen! Ja, du hast Recht, machmal muss man ausbrechen bzw. die Dinge ändern, um weiterzukommen, nicht zu stagnieren.

      Like

  2. cablee schreibt:

    Dann auf zu neuen Ufern, liebe rotewelt – und viel Glück und Freiheit!

    Like

  3. kormoranflug schreibt:

    Ja ein Ufer mit Hafen oder Heaven. Bloss keine Insel, die könnte Dich zu sehr gefangen halten.
    Viel Freiheit und Glück für Deine Lebenserfüllung wünsche ich Dir.

    Like

    • rotewelt schreibt:

      Lieben Dank für deine Wünsche, Kormoran! Für dich wäre eine Insel nicht schlimm, du kannst ja fliegen… Ich mag so gern die Stadt Palma de Mallorca und die Landschaft dort, man fliegt nicht lange vom Festland, doch Wasser ringsum ist auch eine Begrenzung. Zurzeit denke ich viel über Marseille nach, zumal ich dort eine Freundin (aus qype) habe. Barcelona ist auch wunderbar, aber mein Spanisch nur rudimentär… Schaun wir mal… Auf jeden Fall drückt mich bei dem gegenwärtigen Wetter der Schwarzwald besonders.
      Herzlichen Gruß, U.

      Like

  4. tikerscherk schreibt:

    allons enfants de la patrie… 🙂

    Like

  5. Sofasophia schreibt:

    vielleicht definierst du erst, was du genau brauchst, dann puzzlest du dir einen ortsnamen und dahin gehst du dann? bestimmt gibts den ort schon. und dann wirst du glücklich und lebst bis zufrieden bis ans ende deiner tage …

    (im ernst: je öfter ich umziehe und umgezogen bin, desto klarer wurde und wird mir: vor mir kann ich nicht davonlaufen, so gerne ich es manchmal täte … und doch gibt es auch besser geeignete orte sich zu entfalten, und weniger gut passende …)

    on y va et on verra!

    Like

    • rotewelt schreibt:

      Ich weiß, vor sich selbst kann man nicht davonlaufen, man nimmt sich immer mit. Aber – wie du auch sagst -, es gibt Orte, die einem gut tun und andere, die einfach nicht zu einem passen – ob der Ort selbst, die Lage oder die Menschen, doch meist passt alles zusammen. Ich bin oft umgezogen, meist aus beruflichen Gründen, lebe mich immer sehr schnell und gern ein, doch nirgends fühlte ich mich so unwohl wie hier, wohin ich ganz aus freien Stücken zog. Das Unwohlsein war aber ein schleichender Prozess, der sich nach zwei Jahren abzuzeichnen begann.

      Like

  6. Lakritze schreibt:

    Ach. Ein gutes Händchen bei der Wahl wünsche ich, und eine wunderbare Zukunft!

    Like

  7. Susanne_1 schreibt:

    Versuch es doch probeweise mal mit Hamburg. Da sollen doch nach letzter Studie die zufriedensten und glücklichsten Menschen wohnen. Das wäre temperaturmäßig natürlich ein totaler Absturz, aber wie heißt es immer: es gibt kein schlechtes Wetter………..

    Like

  8. Uffnik schreibt:

    Land und Leute? Und noch optimales Wetter?
    Wenn es damals keine Zwänge gegeben hätte, würde ich schon seit fast 30 Jahren auf Mauritius leben.
    Wasser, Strand und buntes Völkergemisch in (noch?) friedlichem Miteinander. Es müssen ja nicht die Hochburgen des Tourismus sein. Palmen und Ananas direkt vom Feld. Fisch direkt aus dem Ozean. Das läßt sich so fortsetzen. Ich träume halt noch immer gerne davon …..

    Like

  9. rotewelt schreibt:

    Als kleine Flucht sozusagen, ist doch auch schön. Ich fliege leider nicht gern lange…

    Like

  10. traeumerleswelt schreibt:

    Mit dieser Erfahrung lebe ich auch gerade….
    wohnte an einem Ort..in einem Land wo ich mich zu Hause fühlte. Dann zog ich doch fort, weil ich dachte es gibt noch was schöneres. Die Wirklichkeit ist ernüchternd..immernoch fremd an einem Ort wo ich nie ankommen werde. Nun habe ich eine Entscheidung getroffen..ich kehre zurück um endlich wieder das Gefühl zu haben…ja, ich bin daheim !

    Like

Hinterlasse eine Antwort zu rotewelt Antwort abbrechen